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Hamburg Geschichten Dr. Salomo A. Birnbaum

Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1 (Foyer), 20146 Hamburg- Rotherbaum

Salomo A. Birnbaum, 1925 © The Nathan and Solomon Birnbaum Archives Toronto
Salomo A. Birnbaum, 1925 © The Nathan and Solomon Birnbaum Archives Toronto

Der Jiddist und Paläograph Dr. Salomo A. Birnbaum gilt als Pionier der historischen jiddischen Sprachwissenschaft und hat als solcher sowohl national als auch international im 20. Jahrhundert Wissenschaftsgeschichte geschrieben. Er lehrte und hielt von 1922 bis 1933 an der Hamburger Universität Jiddisch-Seminare – bis er seinen Lehrauftrag verlor und der Druck des NS-Regimes zu groß wurde, um in Hamburg zu bleiben.

Salomo Birnbaum wurde 1891 als ältester Sohn des Schriftstellers und jüdischen Denkers Nathan Birnbaum (1864-1937) und seiner Ehefrau Rosa Birnbaum, geborene Korngut (1869-1934), in Wien geboren. Viele seiner Vorfahren waren Rabbiner in Polen, Galizien und Ungarn. Er selbst wuchs wie sein Vater mit deutscher Muttersprache in Wien auf, begann allerdings schon als Gymnasiast, sich intensiv mit dem Jiddischen, der Sprache seiner Vorfahren, zu beschäftigen, so dass er bereits als 15-Jähriger von ihm ins Deutsche übertragene jiddische Texte in einer Zeitung veröffentlichte.

Den Ersten Weltkrieg erlebte Birnbaum von 1915 an in der österreichisch-ungarischen Armee. Kurz vor Kriegsende kam er verwundet ins Lazarett und begann dort im Herbst 1918, noch vor der Aufnahme seines Studiums, am Text seiner späteren Dissertation zu schreiben. Er verließ den Ersten Weltkrieg als Leutnant − und mit den Anfängen seiner Arbeit über »Das hebräische und aramäische Element in der jiddischen Sprache«, mit der in seinem darauffolgenden Studium der Orientalistik (in Wien, Zürich, Berlin und Würzburg) schließlich promoviert wurde.

Im Jahr 1925 heiratete Birnbaum die in Wien geborene, seit frühester Kindheit mit ihrer Familie in London ansässige Irene Rikl Grünwald (1899-1988), die fortan kontinuierlich an seinen Forschungen beteiligt war. Die beiden bekamen vier Kinder und lebten in den Hamburger Jahren in sieben verschiedenen Wohnungen zwischen Hochallee und Schlump, also mitten im damals auch „Klein-Jerusalem“ genannten Grindelviertel.

Salomo Birnbaum wurde zu einem aufmerksamen Zeitzeugen jüdischen Lebens in Hamburg zur Zeit der Weimarer Republik und beobachtete die Zuspitzung der politischen Lage, die er am eigenen Leibe zu spüren bekam, als Mitglieder der Philosophischen Fakultät zweimal erfolgreich versuchten, seine Habilitation zu verhindern.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Salomo Birnbaum Anfang Mai 1933 aus Hamburg und ließ sich mit seiner Familie in London nieder.

Salomo Birnbaum um 1930 mit Ehefrau Irene Rikl Grünwald, seinen Eltern und den ältesten 3 Kindern, Photo zur Verfügung gestellt von seinem Sohn David Birnbaum / Nathan & Solomon Birnbaum Archives, Toronto
Salomo Birnbaum um 1930 mit Ehefrau Irene Rikl Grünwald, seinen Eltern und den ältesten 3 Kindern, Photo zur Verfügung gestellt von seinem Sohn David Birnbaum / Nathan & Solomon Birnbaum Archives, Toronto

In Großbritannien war es nicht leicht, beruflich Fuß zu fassen. Er lehrte zu einem zunächst bescheidenen Gehalt Hebräische Paläografie und Jiddische Sprachwissenschaft an der Londoner Universität. Im Jahr 1970 zogen Salomo und Irene Birnbaum samt Sohn David und seiner Familie schließlich nach Toronto, wo ihr Sohn Eleazar lebte und wo Birnbaum ab 1976 am Maimonides College eine Honorarprofessur wahrnahm.

1986 wurde Salomo Birnbaum in Hamburg die Ehrendoktorwürde verliehen. Der 94-Jährige nahm die Ehrung persönlich entgegen und betrat zu diesem Anlass erstmals nach seiner Vertreibung wieder deutschen Boden. Sein wissenschaftliches Arbeiten endete erst mit seinem Tod im Alter von 98 Jahren – am 28. Dezember 1989 in Toronto.

Wenige Jahre nach Birnbaums Tod wurde 1995 in Hamburg die Salomo-Birnbaum-Gesellschaft für Jiddisch e. V. mit dem Ziel gegründet, die Beschäftigung mit jiddischer Sprache und Kultur zu fördern.

THE EVENT

DMAO Frankfurt, 3. April 2021, Karl-Albert-Straße 33, Frankfurt-Bornheim ERINNERUNGSFILM an die FAMILIE SALOMONS von Rosi und Edgar Reh.

Mina und Arnold Salomons lebten mit ihren Kindern Dagobert und Hanna in Frankfurt in der Karl-Albert-Straße 33. Dagobert gelang als einzigem der Familie 1938 die Flucht nach Kolumbien.

Nach intensiven Recherchen fanden die heutigen Hausbewohner Rosi und Edgar Reh 2018 den Sohn und die Tochter von Dagobert Salomons. Im Film erzählen die Kinder von Dagobert Salomons von der Geschichte ihrer Familie und lesen aus Briefen vor.

Wir danken der Familie Salomons, Rosi und Edgar Reh & allen an dem Film beteiligten.

Musik: IKH Benk Aheym, gespielt von Elizabeth Nolte und Brett Nancarrow

Kamera & Schnitt: Rebekka Waitz / Kreativ Kino Produktion

(Dieser Text ist aus Quellentexten der Salomo-Birnbaum-Gesellschaft entstanden.)

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